„Sie klagte nicht, sie handelte“ – Karlotta Zimmer würdigt Lucie Jacobi mit preisgekrönter Arbeit

„Sie klagte nicht, sie handelte“ – Karlotta Zimmer würdigt Lucie Jacobi mit preisgekrönter Arbeit

In einer kleinen, würdevoll gestalteten Runde überreichte Karlotta Zimmer, Schülerin des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums, an der Ricarda-Huch-Schule Schulleiter Peer Güßfeld die gebundene Ausgabe ihrer Wettbewerbsarbeit. Darin hatte sie sich intensiv mit dem Leben und Wirken der früheren Schulleiterin Dr. Lucie Jacobi (1886–1968) auseinandergesetzt – eine Arbeit, für die sie im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2024 einen Förderpreis auf Landesebene erhielt.

 An der Übergabe nahmen neben Peer Güßfeld auch Hilde Hammermann, Karlottas ehemalige Tutorin und damalige Aufgabenfeldleiterin am LLG, sowie Christel Buseck von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Gießen e. V. teil.
Buseck war über vier Jahrzehnte an der Ricarda-Huch-Schule tätig und gilt als profunde Kennerin der Gießener Stadtgeschichte, des jüdischen Lebens und der Schulgeschichte der Ricarda. Sie pflegt bis heute enge Kontakte zu Mitgliedern des Ehemaligenvereins, von denen einige Lucie Jacobi noch persönlich kannten. Auf ihren Vorschlag hin hatte der Vorstand der Gesellschaft den Druck und die Bindung der Arbeit ermöglicht, sodass sie der Schulgemeinde in würdiger Form überreicht werden konnte.

Güßfeld dankte Karlotta im Namen der gesamten Schulgemeinschaft für ihre bemerkenswerte Arbeit, die dazu beitrage, eine prägende Persönlichkeit der Gießener Bildungsgeschichte wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Er hatte auch den Kontakt zwischen Karlotta und Christel Buseck hergestellt – ein Austausch, der dem Projekt durch Busecks Expertise zusätzliche Tiefe verlieh.
Sowohl Hammermann als auch Buseck zeigten sich tief beeindruckt von Karlottas Arbeit, die sie als „außergewöhnlich und mit großem historischem Feingefühl verfasst“ würdigten

In ihrer Untersuchung mit dem Titel „Leben zwischen Grenzen“ zeichnet Karlotta Zimmer das bewegte Leben Lucie Jacobis nach – einer Frau, die sich in Zeiten politischer Umbrüche und gesellschaftlicher Beschränkungen nicht beugen ließ. Jacobi gehörte zu den ersten promovierten Lehrerinnen Deutschlands, verlor während der NS-Zeit ihre Stellung, floh nach England und kehrte nach dem Krieg in das zerstörte Gießen zurück. Als Direktorin der Mädchenschule (Realgymnasium) setzte sie sich mit großem Engagement für demokratische Werte, eigenständiges Denken und die Förderung der Mädchenbildung ein. Mit der Entscheidung, der Schule den Namen der Schriftstellerin Ricarda Huch zu geben, setzte sie zugleich ein Zeichen für Mut, Integrität und intellektuelle Unabhängigkeit.

Karlotta beschreibt Jacobi als „eine Frau, die innerhalb der ihr gesetzten Grenzen alles tat, um Haltung zu zeigen und Verantwortung zu übernehmen“. In ihrer Arbeit betont sie, dass Jacobi „nicht klagte, sondern handelte“ und so vielen Frauen ein Vorbild wurde.

Im Gespräch an der Ricarda berichtete Karlotta auch von ihrem Weg durch das Forschungsprojekt. Man müsse kein Einser-Schüler sein, sagte sie, um bei diesem Wettbewerb erfolgreich zu sein – entscheidend seien Leidenschaft, Ausdauer und die Bereitschaft, sich tief in ein Thema hineinzudenken. Rund ein halbes Jahr arbeitete sie an ihrer Studie, begleitet von ihrem Tutor Christoph Geibel, den sie als inspirierenden Mentor beschreibt, der sie immer wieder zu neuen Perspektiven ermutigte.

Karlotta habe durch ihre Arbeit nicht nur viel über Lucie Jacobi und die Nachkriegszeit gelernt, sondern auch über wissenschaftliches Arbeiten, historische Recherche und die Kunst, komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen. Um die Ereignisse jener Zeit besser einordnen zu können, legte sie eine eigene Familienchronik an – auch, weil ihre Großmutter einst selbst Schülerin der Ricarda-Huch-Schule war. Für Karlotta wurde die Arbeit damit zu einer Erfahrung, die weit über den schulischen Alltag hinausreicht – ein Beispiel dafür, wie „forschendes Lernen“ Persönlichkeitsbildung und historisches Bewusstsein gleichermaßen fördern kann.

Die gebundene Fassung der Arbeit wird künftig einen besonderen Platz in der Schulbibliothek der Ricarda-Huch-Schule erhalten. Weitere Exemplare gehen an die Stadtbibliothek Gießen, an die Holocaust-Literaturstelle der Justus-Liebig-Universität sowie an die Jüdische Gemeinde Gießen – als bleibende Erinnerung an Lucie Jacobi und an das Vermächtnis einer Frau, die die Stadt Gießen und ihre Bildungslandschaft nachhaltig geprägt hat.

 

Quelle: https://ricarda.schule/2025/11/07/sie-klagte-nicht-sie-handelte-karlotta-zimmer-wurdigt-lucie-jacobi-mit-preisgekronter-arbeit/ - Mit freundlicher Genehmigung der Ricarda-Huch-Schule Gießen

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