Einladung zu Steinmeier - LLG-Schüler beschäftigen sich mit „Grenzen zwischen Rebellion und Regierung“
Tutor Christoph Geibel, Luis Wagner und Jan Löschen (v. r.) vom Gießener LLG sind heute zur Preisverleihung im Schloss Bellevue eingeladen. © Oliver Schepp

Einladung zu Steinmeier - LLG-Schüler beschäftigen sich mit „Grenzen zwischen Rebellion und Regierung“

Gießen – „Für heiße Schokolade und Kuchen, dafür machen die das“, sagt Christoph Geibel lachend über seine Schützlinge Jan Löschen und Luis Wagner. So ganz stimmt das nicht, man belegt keinen zweiten Platz beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, nur weil man gern mit seinem Tutor Süßes isst. Durch zwei Wettbewerbsrunden hindurch, einmal auf Landes- und einmal auf Bundesebene, hat es die Arbeit der beiden Schüler des Landgraf-Ludwigs-Gymnasiums (LLG) geschafft. Auch das Gymnasium selbst setzt sich durch und belegt Platz drei der bundesbesten Schulen. Am heutigen Dienstag wird den beiden Jugendlichen der Preis von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier persönlich im Schloss Bellevue übergeben. 

 Bis dahin war es ein weiter Weg, der den beiden nicht unbekannt war. Bereits vor zwei Jahren nahmen sie teil – zu dritt damals – und gewannen einen Förderpreis. Dieser Durchgang begann im September vergangenen Jahres mit dem Thema „Bis hierhin und nicht weiter?! Grenzen in der Geschichte“. Ein halbes Jahr lang evaluierten die Schüler unter Geibels Anleitungen Hunderte Seiten an Quellenmaterial, besuchten das Stadtarchiv, durchblätterten wissenschaftliche Arbeiten, die Gießener Tageszeitungen sowie die historische Jugendzeitschrift „Elefantenklo“, klickten sich durch Websites, führten sogar ein Zeitzeugengespräch mit dem Gießener Helmut Appel und schrieben schließlich die fast 50-seitige Arbeit „Grenzen zwischen Rebellion und Regierung – Der Konflikt um das Jugendzentrum Kanzleiberg in den 70ern“. 

Die Geschichte des Kanzleibergs beginnt 1977, erzählt Wagner, als die damals sehr für die städtische Jugend engagierte SPD im Magistrat der Stadt Lahn durch die konservative CDU abgelöst wurde. Bis in die frühen 80er ist es immer wieder zu Problemen zwischen den Beteiligten gekommen. Die Arbeit der Schüler handelt davon, wie „insbesondere Jugendliche und Angestellte vor dem Magistrat dafür gekämpft haben, wofür das Jugendzentrum steht“, erklärt Wagner. Das haben die beiden dann in den Kontext der bundesweiten Studierendenbewegung gesetzt und analysiert.

Er sagt, das Jugendzentrum habe für viele einen „Fluchtraum vor strengen Strukturen“ dargestellt, deshalb ging es in dem „Konflikt nicht nur um das Jugendzentrum, sondern auch um soziale Werte und gesellschaftliche Normen“. Ist das Jugendzentrum zunächst selbstverwaltet gewesen, übernahm die Stadt als Träger schließlich die Leitung. Löschen beschreibt: „Den Jugendlichen wurden Schritt für Schritt immer mehr Freiheiten geraubt.“ Tutor Geibel nennt ein Beispiel dafür: Alkoholausschank. Sei es unter Eigenverwaltung gang und gäbe gewesen, dass über 16-Jährige regelmäßig Bier und Apfelwein konsumieren, beantragte ein Stadtverordneter der CDU im November 1977, diesen Konsum zu verbieten. Der Antrag hatte zwar keinen Erfolg, befeuerte die Situation allerdings weiter.

Geibel, der pensionierte Lehrer, der die Wettbewerbsbeteiligung der Schule vor rund 40 Jahren aufbaute und diese Arbeit betreute, sieht eine besondere Leistung von Seiten der Jugendlichen. Er hebt hervor, wie herausfordernd eine so umfangreiche und zeitintensive Arbeit neben den Abiturvorbereitungen, dem Schulbetrieb und der Freizeitgestaltung ist. Eine dreistellige Zahl an Teilnehmenden hätte er bereits betreut, erzählt Geibel, Wagner und Löschen liefern dabei den erfolgreichsten LLG-Beitrag seit zehn Jahren.

 

Der Wettbewerb: Am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten nahmen 6720 Schülerinnen und Schüler mit 2289 Beiträgen teil. Das LLG beteiligte sich mit19 Arbeiten. Auf Landesebene gewannen zwei LLG-Beiträge Förderpreise, sechs weitere erhielten Landespreise.

 

Bild und Text: Gießener Allgemeine Zeitung vom 11. November 2025